VON ANDY RICE, IM GESPRÄCH MIT BJARNE LORENZEN: Meist denken wir beim Reffen und Bergen an Rollvorsegel, aber wie Bjarne Lorenzen vom Segelmacher Doyle O’leu erklärt, gibt es auch Optionen für Rollgroßsysteme. Im fünften und letzten Beitrag dieser Serie beleuchtet Bjarne die Vor- und Nachteile von „in den Baum“ oder „in den Mast“.
Arten von Rollgroßsystemen
Die Entscheidung, ob das Großsegel in den Baum oder in den Mast gerollt wird, hängt laut Bjarne Lorenzen teilweise von lokalen Vorlieben ab. „In Deutschland haben wir mehr Mastrollanlagen als Baumrollanlagen. In Australien und Neuseeland sehen wir dagegen mehr Großsegel mit Baumrollsystem. Es hängt auch teilweise von der jeweiligen Yachtmarke ab. So bieten zum Beispiel Bavaria, Hanse und Beneteau Mastrollanlagen für das Groß als Option an, die meisten bieten keine Baumrollanlagen an.“
Die Baumroll-Option erfordert weniger Kompromisse bei der idealen Segelform, verlangt aber, dass der Baumwinkel vor dem Einrollen des Großsegels sehr genau eingestellt ist. Andernfalls läuft das Rollen nicht sauber. Trotz der Herausforderungen ist Lorenzen als Segelmacher eher ein Fan von Baumrollanlagen als von Mastrollanlagen. „Die Segel für die Mastroll-Option sind ganz anders. Man kann ein Charterboot mit negativem Achterliek-Überstand machen, was ziemlich hässlich ist – aber es segelt trotzdem. Man braucht vertikale Latten, egal ob lange oder kurze, aber sie sind tendenziell länger als normale horizontale Latten. Ich kann nicht sagen, dass es eine elegante Lösung ist, aber sie funktioniert.“
Mastrollanlagen fürs Groß lassen sich unter den meisten Bedingungen sehr einfach verstauen, was sie für den Chartereinsatz so attraktiv macht.
Allerdings ist dieses Rollgroß deutlich schwieriger überhaupt erst zu setzen und zu bergen, was es oft zu einer Übung „einmal pro Saison“ macht. Lorenzen wägt Vor- und Nachteile ab. „Die Form ist nicht so schlecht, wie viele glauben. Mit vertikalen Latten können wir einen guten Achterliek-Überstand erzeugen, sodass die Profilform im Flug nicht so stark benachteiligt ist, wie man vielleicht denkt. Allerdings ist der Mast sehr steif und man kann ihn nicht stark biegen, daher fehlt einem dieses letzte bisschen Kontrolle über die Segelform, wie man es auf anderen Booten haben kann. Die Probleme kommen aber, wenn man das Segel reffen will oder wenn es beschädigt ist, weil es bei einem Mastrollsystem keine Möglichkeit gibt, das Segel einfach zu bergen.
Das Vorliek des geborgenen Segels ist nicht am Mast befestigt, daher kann das Segel beim Niederholen leicht wegwehen. Das Bergen eines gerefften Segels, das bereits ein paar Umdrehungen eingerollt ist, ist unmöglich, ohne das Risiko von Schäden.“
Ein weiterer zu berücksichtigender Faktor ist, dass eine Mastrollanlage fürs Groß ein vollständig integriertes Rigg-Paket ist. Man kann nicht einfach auf eine Mastroll-Option nachrüsten, ohne auch den Mast komplett zu tauschen. Es gibt Systeme, die Rollanlagen an der Rückseite des Mastes befestigen, doch diese sind relativ schwer und verhindern das Biegen des Mastes. Die Hersteller sind bemüht, die zusätzlichen Aluminium-Profile für die Rollfunktion so klein wie möglich zu halten, was es schwierig machen kann, das komplette Großsegel im verfügbaren Raum sauber aufzurollen.
Baumrollanlagen fürs Groß vermeiden viele der Kompromisse von Mastrollanlagen, sagt Lorenzen. „Die meisten Großsegel für Baumrollanlagen sind durchgelattet, weil man die Latten braucht, um beim Reffen ins Baumprofil die Spannung im Unterliek zu halten. Außerdem kann man mit horizontalen Latten mehr Achterliek-Überstand erzielen, sodass man bei der idealen Profilform kaum Kompromisse eingehen muss.“ Das Setzen und Bergen des Segels ist im Vergleich zur deutlich größeren Herausforderung bei Mastrollanlagen unkompliziert.
Zusammenfassung zum Rollgroß
Die Baumroll-Option fürs Groß ist allerdings meist nicht günstig. „Baumroll-Kunden sind nicht der Durchschnittskunde; das ist eher etwas für diejenigen, die höhere Qualität anstreben – für Performance-Cruiser, wie zum Beispiel Luffe-Yachten, ein schwedischer Performance-Cruiser mit Carbon-Rigg. Baumrollanlagen fürs Groß werden den durchschnittlichen Fahrtensegler mit seiner Bavaria 34 nicht ansprechen. Das ist für den engagierten Fahrtensegler, der gerne mehr Geld ins Boot investiert und richtig schöne Segel zu schätzen weiß. Mit Baumrollanlagen fürs Groß kann man das Groß besser trimmen und den Mast biegen, wenn man dieses kleine bisschen zusätzliche Performance sucht.“
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